Auch Frauen leiden unter vorzeitiger Ejakulation !
On September 30, 2021 by adminDie vorzeitige Ejakulation ist eine der häufigsten sexuellen Störungen bei Männern. Doch nicht nur die Männer leiden darunter, auch bei Frauen führt sie zu erhöhtem Leidensdruck und Stress, wie eine neue Umfrage von Andrea Burri, klinische Psychologin an der Universität Zürich, zeigt.
Rund 40 Prozent von über 1.500 befragten Frauen aus Mexiko, Italien und Südkorea gaben an, dass die Kontrolle des Samenergusses sehr wichtig für einen befriedigenden Geschlechtsverkehr ist. Nicht die kurze Dauer des Liebesakts wird von der Mehrheit der Frauen als Hauptursache für sexuelle Frustration angesehen, sondern die Tatsache, dass der Mann zu sehr auf die Verzögerung des Samenergusses konzentriert ist. Dadurch ignoriert er die sexuellen Bedürfnisse der Frau und ist nicht in der Lage, ihre individuellen Wünsche zu befriedigen.
Frauen, die selten zum Höhepunkt kommen, leiden mehr
Für die Mehrheit der befragten Frauen besteht befriedigende Sexualität nicht nur aus dem Geschlechtsverkehr, sondern umfasst auch Küssen, Streicheln und andere Formen der sexuellen Stimulation, die als ebenso wichtig angesehen werden. Wenn der Mann in erster Linie mit seinem Problem, der vorzeitigen Ejakulation, und damit mit seiner Leistungsfähigkeit beschäftigt ist, werden diese Bedürfnisse vernachlässigt. Der Geschlechtsverkehr wird zunehmend von der Zeit bestimmt und nicht davon, „wie wir es mögen und was uns gut tut“. „Auf lange Sicht wird die Frau verzweifelt und frustriert. Ähnlich wie der Mann vermeidet sie den sexuellen Kontakt aus Angst vor Ablehnung und dem daraus resultierenden Trauma für ihre eigene Sexualität“, erklärt die Sexualforscherin Andrea Burri. Die Frau erleidet dadurch einen Verlust an Lebensqualität und stellt letztlich die Beziehung in Frage.
Vor allem Frauen, die den Geschlechtsverkehr nicht als zentralen Aspekt der Sexualität wahrnehmen, sondern die sexuelle Kreativität in den Vordergrund stellen, leiden unter der einseitigen Aufmerksamkeit des Mannes. „Interessanterweise ist ein längerer Koitus vor allem für Frauen wichtig, die keine Schwierigkeiten haben, zum Höhepunkt zu kommen“, sagt Burri. Für Frauen, die selten oder gar nicht zum Orgasmus kommen, ist die Dauer des Beischlafs nicht zentral. Vielmehr dient der Sexualakt dazu, Intimität und Bindung herzustellen und zu erleben. Die vorzeitige Ejakulation wird zwar auch von den Frauen als störend empfunden, aber die kurze Dauer wird als weniger problematisch empfunden als die Unaufmerksamkeit des Partners gegenüber ihren anderen sexuellen Bedürfnissen.
Die Umfrage zeigt, dass eine im Grunde harmonische Beziehung oft aufgrund der psychischen Belastung und der aufgestauten Frustration der Frau in einer Trennung endet. Die Mehrheit der Frauen gab an, in früheren Beziehungen mit Partnern, die nicht unter einem sexuellen Problem litten, wesentlich zufriedener gewesen zu sein. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass dem Problem der vorzeitigen Ejakulation in der aktuellen Beziehung zu viel Bedeutung beigemessen wird. Außerdem hatte ein Viertel der Befragten in der Vergangenheit bereits eine Trennung wegen dieses sexuellen Problems erlebt. „Denn die Folgen sind oft weitreichender als eine einfache sexuelle Unzufriedenheit, da es im Extremfall den Kinderwunsch gefährdet, wenn der Mann bereits vor dem eigentlichen Geschlechtsverkehr ejakuliert“, so Burri abschließend.
Literatur:
Andrea Burri, Fran-ois Giuliano, Chris McMahon und Hartmut Porst. Die Wahrnehmung der vorzeitigen Ejakulation durch die Partnerin und ihre Auswirkungen auf Beziehungsabbrüche, Beziehungsqualität und sexuelle Zufriedenheit. The Journal of Sexual Medicine. April 29, 2014. doi: 10.1111/jsm.12551
Survey
Um möglichst viele kulturelle Unterschiede erfassen zu können, wurden Befragte aus drei Ländern gesucht: Mexiko, Italien und Südkorea. Die Untersuchung dieser kulturellen Unterschiede wird Gegenstand künftiger Forschungsarbeiten sein. Die Daten wurden vom Marktforschungsinstitut GfK erhoben.
Vorzeitige Ejakulation („Ejaculatio Praecox“)
Definition (nach der American Psychiatric Association)
„Anhaltende oder wiederkehrende Ejakulation bei minimaler sexueller Stimulation vor oder kurz nach der Penetration und bevor die Person es wünscht.“
Häufigkeit
Die Häufigkeit hängt von der Definition und den Stichproben ab. Weltweit leiden etwa 30 Prozent der Männer darunter, wobei es große regionale und geografische Unterschiede gibt.
Wer ist betroffen?
Die vorzeitige Ejakulation kann bei geschlechtsreifen Männern aller Altersgruppen auftreten.
Ursachen
Die vorzeitige Ejakulation kann viele Ursachen haben, die bisher noch nicht ausreichend untersucht wurden. Neben psychologischen und medizinischen Ursachen, wie eingeschränkte Sexualerziehung, unrealistische Vorstellungen von Sexualität, Versagensängste, erektile Dysfunktion und körperliche Erkrankungen, gibt es auch neurophysiologische Gründe, wie z.B. die Empfindlichkeit des Penis.
Was kann getan werden?
Abhängig von der Ursache kommen körperliche, medikamentöse oder psychotherapeutische Behandlungsmöglichkeiten in Frage. Auch eine Psychotherapie ist vorteilhaft, wenn der Partner in die Beratung und Behandlung einbezogen wird.
Kontakt:
Dr. sc. Andrea Burri
Klinische Psychologie
Universit-t Z-rich
Tel. +41 44 635 74 97
E-Mail: [email protected]
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